Wort

Wie klingt es, wenn sich die RaumZeit verbiegt?

Artikel für das UDK-Online-Magazin Eigenart, April 2020

Die Zeit überschlägt sich und gleichzeitig steht sie still.

Wo steht sie? Steht sie über Kopf oder hat sie einen Grund?

Wie steht sie? Steht sie rund oder steht sie eckig?

Und wie klingt diese Stille? Wie klingt es, wenn die Stille bricht? Kann die Stille brechen? Wenn ja, was hat das mit dem Raum zu tun? Geht der Raum dann zu Grunde? Und zu welchem Zeitpunkt bricht die Stille? Kann die Zeit eigentlich in Punkte unterteilt werden? Wenn ja, was hat das mit dem Raum zu tun?

Die Zeit verrinnt, sie stockt, sie wächst, sie dehnt sich aus und schlägt Purzelbäume in einem Raum, der möglicherweise garnicht existiert. Sie verdichtet sich und drängt sich auf und auch wenn ich ihr manchmal lieber nicht begegnen möchte, fährt sie taktlos in mich hinein und bringt mich ins Wanken. Das Wanken vergeht entweder wie im Fluge und zurück bleibt eine kurz- oder langweilige Stille, oder es gewinnt an Größe und Intensität und spannt das ganze Raum-Zeit-Kontinuum um mich herum auf die Folter. Aus einem Augenblick wächst ein zweiter, der in einen dritten übergeht. Ein Wanken, zwei Wanken, drei Wanken. Man könnte meinen, der Augenblick hätte aufgrund seiner Beschaffenheit einen Anfang und ein Ende. Auge auf, Bild rein, Auge zu. Umrahmt von einem schwungvollen Wimpernschlag, fertig. Aber nein, ein Augenblick kann endlos wirken. Dann ist eine einen Augenblick lange Spanne von Zeit gefüllt mit einer solchen Intensität, dass alles anhält und nichts vergeht. Vollkommen bewegungslos und gleichzeitig unendlich bewegt. In mir ist ein grenzenloser Raum, in dem die Zeit still steht. Was die Stille wohl gerade treibt? Ob sie wartet oder sich beeilt, weil sie den Punkt ihrer Erscheinung verpasst hat, beschäftigt mit ihrer Existenz im räumlich-weltlichen Klanggeschehen?

Nichts ist und alles kann.

Alles ist und nichts kann.


Wenn Ideen Fliegen Lernen...

Gern würd‘ ich heute wen berühren

Sein und Sinn bringen
Kein und Kinn kitzeln
Rein und rum rüsseln
Nein und nimm nagen
Jein und “Jihaaaaa“ sagen

Wer Fragen hat melde sich bei Wunderlichs.
Wer berichten möchte, ob es schon ein wenig kitzelt
und die Berührung Häärchen aufstellt
und zum Tanzen bringt,
wer gerne sagen will, dass Zweierlei genügt
um Dreierlei in Wallungen zu bringen,
wem aufgefallen ist, dass Bims und Bams genau wie Lirum Larum Löffelsuppe schmecken
und dass zum Zwecke der Belustigung
das Spiel mit Wort und Klang und Licht in grenzenloser Freiheit dienen kann,

ist herzlich dazu eingeladen,
teilzuhaben an einer Bewegung,
die berührt. und inspiriert. und trägt. Und ist.

Wir müssen alle weiter sein.
Wir können alle weiter lachen.
Freude bringen, wo sie wirken kann.

Die Zeit ist reif für Kreativität und Nächstenliebe,
für bunte, hüpfende Ideen,
für Brillen, die in eine Zukunft sehen,
in der wir alle weiter heiter wir sein können.
Bringt euch ein, strahlt, pflanzt, bestäubt.
Berührt durch Wort und Klang, durch Bild und Tanz.

Wir können das gemeinsam meistern.


Bewegung - Ausdruck - Kommunikation

Manchmal fällt mir das Sprechen in Worten schwer. Ich fühle mich kommunikationsunfähig und ‚komme nicht aus mir heraus‘.
Dann fange ich an, mich zu bewegen und gehe in meinen Körper. Ich verbinde mich mit mir selbst. In meinem Körper bin ich Zuhause und wenn ich mich auf die Bewegung einlasse, dann kann ich den Körper sprechen lassen und wieder kommunizieren. Ich kann sanft sein, kraftvoll, geschmeidig, aggressiv, anmutig, hässlich, stolz, schwebend, torkelnd, fragend, verschwommen, bestimmt…
Ab und zu ist es gut, aus der Welt der Begrifflichkeiten austreten zu können. Alles, was sich in konkrete Worte fassen lässt, hat oder bekommt eine Grenze. Wenn ich in Bewegung bin, gibt es fließende Übergänge und das, was ich dabei empfinde und das, was bei anderen ankommt, kann jenseits der Sprache existieren. Anrühren, inspirieren, kritisieren, reflektieren,..
Wenn ich mich eine Zeit lang nicht bewusst bewegt habe, merke ich, dass ich mich weniger existent fühle, weniger lebendig. Ich werde steif und ungelenk.


Durch Bewegung wächst das Bewusstsein für meinen eigenen Körper, für dessen Grenzen, dessen Reichweite und Möglichkeiten. Ich kann mich besser kontrollieren und artikulieren; ich kann Punkte setzen und Ausrufezeichen. Ich kann mich durch Menschenmengen bewegen, ohne irgendwo anzustoßen und ich kann mich in Momenten von Chaos und Unruhe auf meinen Atem und auf meinen Herzschlag konzentrieren, den Kontakt meiner Füße am Boden und somit meine Verbindung mit der Erde spüren.

Jede Emotion, die ich in meinem Körper zulasse und in Bewegung erforsche, ist für mich auch eine Brücke zu anderen Menschen. Was ich selbst bereits am eigenen Körper erfahren konnte, kann ich vielleicht auch bei anderen erkennen. Während wir in unserer Gesellschaft (in meinem Falle in der Großstadt Berlin) lernen, mit einer Maske durch die Straßen zu laufen und zu dem richtigen Zeitpunkt, in einem bestimmten Kontext, die ‚richtigen‘ Worte zu nutzen, und uns nicht selten in Missverständnissen oder angespannten, stockenden Gesprächssituationen wiederfinden, und während wir, wenn wir die verbale Sprache als vorrangiges Kommunikationsmittel nutzen, im alltäglichen Trudel hunderten von Menschen zwar räumlich, nicht aber auf persönlicher, emotionaler Ebene begegnen, weil wir uns nicht neben Fremde setzen, sie grüßen und ihnen sagen, was uns gerade beschäftigt – ob wir fröhlich sind, ob wir von einer Frage gematert werden, ob wir uns verloren haben, ob wir etwas beobachtet haben, das wir gerne teilen würden, ob wir uns einsam fühlen und uns über die Anwesenheit anderer Lebewesen um uns herum freuen – während wir also lernen, die verbale Sprache gezielt und lösungsorientiert einzusetzen und in vielen Situationen der Einfachheit halber stumm bleiben, ist es der Körper, der immer noch ist und der nach wie vor agiert und reagiert. Ein Lächeln, ein inneres Aufrichten, eine anteilnehmende oder hilfsbereite Geste, ein Gruß, ein entsetzter Blick, ein bestärkendes Nicken. All das zählt für mich in den Bereich der Bewegung. All das ist Kommunikation, die mir fehlt, wenn ich für lange Zeit nicht unter Menschen bin. Ich kann mit Menschen über die Medien kommunizieren, aber manchmal hat mein Körper mehr oder ganz anderes zu sagen, als ich in Worte fassen kann.
Ein unbestimmtes Sein, das dem Moment entspringt und nicht erklärbar ist.

Aber auch alleine kann ich mich doch jeden Tag aufs Neue durch Bewegung, ein Reinhorchen in mich selbst und ein Reagieren auf die aktuellen Befindlichkeiten, mit mir verbinden. Dann entsteht ein Austausch und ein fließender Umgang mit Zeit und Kraft und Form. Ich kann unterschiedliche Spannungszustände erleben und auch gezielt ansteuern, ich kann mein körperliches und somit auch geistiges Sein rhythmisieren, damit meine Tage einen abwechslungsreichen, lebendigen Verlauf haben.

Zeichnung_Figuren
Wenn der Körper beweglich ist, ist auch das Denken beweglich

Erdkraft

Den Fuß auf dem Boden, den Rücken im Raum,

den Kopf in der Höhe – wir merken es kaum,

wie die Erde uns trägt und stützt und drängt.

Gehen wir hinein in das Gefühl der Größe und geben dem Wesen in uns Blöße,

das da schlummert und begierig wartet auf den nackten Tanz,

so spüren wir die Kraft der Erde, ihre Wucht und ihren Glanz,

ihren Sog und ihre Dichte.

Ihr Widerstand kann in uns wecken, einen Geist, der kämpfen will.

Ebenso lässt sich entdecken, eine Ruhe, das Gefühl

der Verbundenheit mit allem. Und von Sicherheit und Frieden.

Sind wir eins mit unseren Sinnen, verwurzelt in der Erde Grund,

so können wir in Weiten schwingen, klettern, springen, wanken – uns

gewiss sein, dass bei jedem wilden Drang

die Erdkraft uns beflügeln und auch halten kann.


Heimliche Umarmungen

3. Juni 2020

“Schnell, gerade sieht uns niemand“

Klebeband im Bewegungsraum, Singen hinter einer Plastikscheibe, eine wütende, ja fast schon verzweifelte Pförtnerin, die auf das Einhalten der Regeln achtet, um nicht selbst verantwortlich gemacht werden zu können. In meiner Pause zwischen den provisorischen und teilweise durch Veränderungen absurd gewordenen Unterrichtseinheiten ist mir kalt, weil ich dem Durchzug ausgesetzt bin und ich möchte mir die Ohren zu halten, weil von Draußen eine enorme Lautstärke hereinkommt. Gerne würde ich die Fenster wieder schließen.

Zu viel hiervon, zu wenig davon.

Die kurzen Momente, in denen ich die Regeln missachte und hinter dem Rücken von Dozierenden oder Uni-Personal meine Kommilitoninnen bzw. Freundinnen umarme, machen das alles erträglich. Denn das Einzige, was sich gerade beim Präsensunterricht wirklich wie eine positive Veränderung seit Corona anfühlt, ist die persönliche Begegnung.

Der echte, reale (Körper-)Kontakt, der mit der Begegnung im digitalen Raum nicht auch nur ansatzweise vergleichbar ist. Jetzt kann ich nochmal wirklich hallo sagen. Und tschüss. Ich werde nicht gleich stumm geschaltet oder durch fremde Hand aus einem Meeting-Raum geklickt.

Jetzt regt sich auch in mir wieder mehr. Die letzten Wochen haben sich ein bisschen wie eine Zwangsjacke angefühlt. In meinem letzen von acht Semestern frage ich mich, ob ich in der Lage dazu bin, das Studium zu beenden. Ich will aufgeben, denn ich fühle mich verloren in dieser Überflutung von E-Mails und digitalen Arbeitsaufträgen. Der Filter des Computers. Brennende Augen. Fehlende menschliche Nähe. Jederzeit erreichbar sein müssen, auf Veränderungen/Verbesserungen sofort eingehen können und wollen. Ich bin in einer Art Schockstarre. Alles muss aus einer eigenen Motivation heraus geschehen, ich fühle mich in keiner Weise getragen. Aber da ist gerade nichts. Das Einzige, was mir wirklich wichtig erscheint momentan, ist es, wieder in einen gesunden Kontakt mit Menschen zu kommen. Regelmäßige Treffen, um Einsamkeit und Unsicherheit entgegenzuwirken.


W i e g e h t F r e i h e i t w i r k l i c h ? J U L I 2 0 2 0

Und… wo geht sie hin?
Wie genau bewegt sie sich?
Wem begegnet sie auf ihrem Weg?
Und wo macht sie eine Pause?

W a s w ä r e w e n n
…die Freiheit der Gleichgültigkeit begegnen würde?
…sich Freiheit und Ignoranz zu einem Plausch träfen,
…die Freiheit der Ohnmacht vom Boden aufhelfen würde,
…oder Freiheit und Bedürfnis mal ein, vielleicht zwei Flaschen Bier zusammen trinken würden?

W a s w ä r e w e n n
…Freiheit und Lust entscheiden würden, sich auf einem Spielplatz zu treffen?
…die Freiheit der Wut mal lange den Kopf kraulen würde,
…die Freiheit der Unterdrückung sagen würde, dass sie sich manchmal gerne fesseln ließe,
…oder Freiheit und Zweifel Mensch ärgere dich nicht spielen würden?

W a s w ä r e w e n n die Freiheit der Stille im Stillen sagen würde, dass sie sich manchmal nach einer Pause sehnt?

Für jedes Lebewesen auf dieser Welt bedeutet Freiheit etwas anderes. Aber grundsätzlich ist Freitheit mit einem Gefühl der Leichtigkeit verbunden. Und mit Sorglosigkeit. Wir sind frei, wenn wir Leben und wir selbst sein können, ohne Angst zu haben.
Warum geht es Menschen, die wenig haben oft besser als jeden, denen theoretisch alles möglich ist?
Ich glaube, dass Freiheit ganz viel mit Akzeptanz zu tun hat.
Mit sein lassen. Mit Sein und Sein Lassen. Mit Loslassen. Mit Atmen.
Vielleicht ist Freiheit etwas, das sich nur einstellt, wenn man nicht danach sucht. Wenn man lernt, kleiner zu schauen und ungefilterter zu fühlen. Intuitiver zu handeln.
Wenn man sich verbindet.
Frei zu sein braucht Mut. Mut, sich dem Leben zu stellen und nicht wegzulaufen.
Freiheit verändert sich. Freiheit verändert mich. Ich verändere mich für die Freiheit. Ich verändere mich mit der Freiheit.
Kann Freiheit verbinden? Oder entsteht Freiheit erst durch Verbundenheit? Kann man ohne Verbundenheit frei sein?

Ich möchte frei sein, um mich hinzugeben
um mit Sinn zu leben
um zu wurzeln und zu sehen
dass Verbindungen entstehen
wenn ich bereit bin aufzuhören
immer etwas anzustreben